Enduro-Familienbande bei Suzuki

In Amerika war es bereits seit langer Zeit Usus Motorräder auch abseits asphaltierter Pisten zu bewegen. Ob an den Stränden Kaliforniens oder den Ausläufern der Sierra Nevada, Offroad-Fahren war ein beliebter Freizeitspaß im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Auch in Europa waren Briten, Franzosen und Italiener gerne mit ihren Motorrädern im Gelände unterwegs, während wir Deutsche diesem Trend noch etwas skeptisch zusahen.

In der Bundesrepublik gewann Enduro-Fahren erst durch die mediale Berichterstattung über internationale Offroad-Meisterschaften an Popularität. Zudem brachte der Aufschwung aus den Wirtschaftswunderjahren auch seine Schattenseite hervor. Eine zunehmende Verkehrsdichte und ansteigende Unfallstatistiken zwangen die Gesetzgeber zu drastischen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf unseren Straßen. Wer diesen Einschränkungen aus dem Weg gehen wollte, sah eine Alternative auf unbefestigten Wegen.

Die Suzuki TS 125 mit sprichwörtlicher Zuverlässigkeit und leichtem Handling

Die Suzuki TS 125 mit sprichwörtlicher Zuverlässigkeit und leichtem Handling (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Suzuki TS 125 „Duster“ feierte ihr Welt-Debüt 1971 und gesellte sich zu den größeren Modellen mit 185, 250 oder 400 ccm Hubraum. 1969 legte die TS 250 in Hamamatsu den Grundstein für eine erfolgreiche Offroad-Modellpalette. Bis Suzuki-Händler Röth aus Hammelbach im Odenwald das kleine Gelände-Motorrad zu uns holte, musste Helmut Schmidt erst noch den Altkanzler Willy Brandt als Bundeskanzler ablösen und die deutsche Nationalmannschaft den Fußballweltmeistertitel gewinnen. Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und Sepp Meier waren 1974 die Helden jener Tage.

Die Suzuki TS 125 teilte sich viele Baugruppen mit der TS 185 „Sierra“ und wurde 1979 gründlich überarbeitet. Das Ende der luftgekühlten Enduros kam für die TS 125 ER drei Jahre später. Die Nachfolge trat 1984 die wassergekühlte und leistungsstärkere TS 125 X an.

Die Suzuki TS 125 „Duster“ feierte ihr Welt-Debüt 1971

Die Suzuki TS 125 „Duster“ feierte ihr Welt-Debüt 1971 (Quelle: Gerwil)

Der TS 125 Motor riss keine Bäume heraus

Die TS 125 und 185 teilten sich die Grundkonstruktion des Motors. Der fahrtwindgekühlter Einzylinder-Zweitakt-Motor arbeitete simpel schlitzgesteuert. Erst der „ER“ spendierte Suzuki im Rahmen einer übergreifenden Modellpflege eine zusätzliche Membransteuerung und angepasste Kanalsteuerzeiten. Im Unterschied zur TS 185 musste die gepresste Stahlkurbelwelle mit zwei Kugellagern auskommen. Pleuelfuß und Kolbenbolzen waren nadelgelagert.

Das kurzhubig ausgelegte Triebwerk (Bohrung: 56 Millimeter, Hub: 50 Millimeter) schöpfte aus 123 ccm Hubraum eine maximale Leistung von 13 PS bei 7.000 U/min. Für den deutschen Markt reduzierte Suzuki die Leistung auf magere 9,6 PS. Die Beschneidung wirkte sich auch auf das Drehmoment aus. Standen in der offenen Ausführung bis zu 13,3 Nm zur Verfügung, waren es hierzulande maximal 9,4 Nm bei 6.500 U/min. Da die 125er nur drei Kilogramm leichter als ihre mit 17 PS deutlich stärkere große Schwester war, war der Gasgriff bei flotter Gangart meist am Anschlag. Allerdings reichten dem Wald- und Wiesenschreck die maximalen 105 Kilometer pro Stunde, um im Landstraßenverkehr mitschwimmen zu können. Die Maschine ließ sich ausschließlich mit Muskelkraft zum Leben erwecken. Der „Primärkickstarter“ ermöglichte es, den Motor auch bei eingelegtem Gang und gezogener Kupplung zu starten.

In Deutschland hatte der TS125 Motor nur magere 9,6 PS

In Deutschland hatte der TS125 Motor nur magere 9,6 PS (Foto: Nippon-Classic.de)

Für die notwendige Gemischaufbereitung kümmerte sich ein Mikuni-Rundschiebervergaser mit 24 Millimeter Durchlass (VM 24 SH). Warum sich die 125er TS mit einer einfachen kontaktgebunden Magnetzündanlage begnügen musste und die nicht die elektronische Zündung („Pointless Electronic Ignition“) der TS 185 bekam, bleibt Suzukis Geheimnis. Die 6-Volt Anlage mit der 25 Watt Scheinwerfer-Funzel fiel extrem armselig aus. Wehe dem, der nachts unterwegs war.

Allerdings erhielt die „Duster“, wie sie auch hieß, Suzukis patentierte Getrenntschmierung „Crankshaft-Cylinder-Injection“. Der Einfüllstutzen für den 1,1 Liter fassenden Öltank saß unter der Sitzbank. Alle 800 Kilometer musste frisches Zweitaktöl nachgefüllt werden. Während Suzukis Straßenmotorräder mit einem rechnerischen Mischungsverhältnis von 1:50 fuhren, liefen die Einzylinder-Enduros mit 1:33 etwas fetter.

Die Kurbelwelle war nur zweifach in Kugellagern gelagert

Die Kurbelwelle war nur zweifach in Kugellagern gelagert (Foto: Nippon-Classic.de)

Einfacher Rohrrahmen mit Unterfahrschutz.

Das TS 125 Fahrwerk bestand aus einem konventionellen Einrohrrahmen, der später um einen gegabelten Motorunterzug verfeinert wurde. Ein Metallblech schützte Motor und Auspuff effektiv vor Geröll und Steinen. Zur Versteifung des Rahmens verschweißten die Konstrukteure aus Hamamatsu die Rahmenrohre und Steuerkopfpartie mit großen Knotenblechen, was die Rahmenkonstruktion insgesamt sehr stabil machte.

Die „Duster“ hatte eine Gesamtlänge von 2.070 Millimeter und einen Radstand von 1.310 Millimeter. Führung und Federung des Vorderrades übernahm eine hydraulisch gedämpfte Teleskopgabel mit 145 Millimeter Federweg. Die hinteren Federbeine boten fünf Verstellmöglichkeiten. Vorn wie hinten verzögerten seilzugbetätigte Trommelbremsen mit 130 Millimeter Durchmesser.

Wichtigste Entwicklungsstufen.

  • 1976: Suzuki TS 125 A: schwarz lackierter Motor
  • 1977: Suzuki TS 125 C: Neuer, vor dem Motor hochgezogener Auspuff, neuer Rahmen mit gegabelten Unterzügen, schräg stehende Stoßdämpfer, Halbnaben-Trommelbremsen
  • 1980: Suzuki TS 125 ER: Zusätzliche Membramsteuerung, höhere Leistung (10,9 PS in Deutschland), 6-Ganggetriebe, Telegabel mit längerem Federweg und Faltenbälgen, Kastenschwinge aus Aluminium mit Zentralfederbein hinten

Neben den Enduro-Modellen TS bot Suzuki auch Trail-Versionen (TC) mit groben Stollenreifen und Moto-Cross-Versionen (TM) ohne Beleuchtung für Wettbewerbseinsätze zum Kauf an.

Ab 1977 verläuft der Krümmer der TS 125 C vor dem Motor

Ab 1977 verläuft der Krümmer der TS 125 C vor dem Motor (Foto: Nippon-Classic.de)

Kaufberatung und typische Schwachstellen

Obwohl diese 125er Suzuki eine gelungene Komposition aus leichtem Handling und sprichwörtlicher Zuverlässigkeit ist, kommt sie meines Erachtens an die Leistungsfähigkeit der 185er nicht heran. Wenn auch die Beschaffung mühevoller ist, ist die TS 185 als Oldtimer der 125er vorzuziehen.

Classic Data bewertet 1a Exemplare der TS 125 mit 2.000 Euro, damit gerade einmal 100 Euro unterhalb der 250er. Bastelware mit Zustandsnote 5 bekommt man schon für 200 Euro. Eine restaurierte TC 125 von 1975 mit nur 8.000 Kilometern fand ich in einer Kleinanzeige für 1.750 Euro. Häufiger werden die ER-Modelle ab 1979 angeboten.

Diese Suzuki TS 125 warten noch auf ihre Restaurierung

Diese Suzuki TS 125 warten noch auf ihre Restaurierung (Foto: Nippon-Classic.de)

Kolbenschäden durch mangelnde Schmierung, verhärtete und damit undichte Kurbellwellendichtringe und Ablagerungen von Ölkohle gehören zu den üblichen Problembereichen. Besondere Aufmerksamkeit sollten Interessierte der Funktionsfähigkeit der Ölpumpe widmen, um Motorschäden vorzubeugen. Die anfällige Elektrik führt öfters zu Zündungsproblemen.

Viele Ersatzteile der TS 185 können auch für die 125er verwendet werden, was die Beschaffung erleichtert. Verschleißteile, wie Bremsbacken, Simmerringe und Kupplungslamellen gibt es noch in Hülle und Fülle und zu niedrigen Preisen. Beispielsweise kostet ein Suzuki TS 125 Kolben-Kit mit 0,50 Übermaß bei Scheuerlein Motorentechnik akzeptable 85 Euro, die auch Zylinder für 59 Euro honen.

Die TS 125 besticht mit schlichter wie zeitloser Linienführung

Die TS 125 besticht mit schlichter wie zeitloser Linienführung (Foto: Nippon-Classic.de)

Technische Daten zur Suzuki TS 125

EinheitTS 125 R bis MTS 125 ATS 125 CTS 125 ERRM 125 M
1. Fakten
ProduktionszeitJahr1971 bis 197519761977 bis 19781979 bis 19821975 bis 1981
Nummerierung (Rahmen)StartTS125-10001... -37828TS125-116376... -147378TS1252-100001... -123870TS1252-123871... -329769
FarbenR: Candy Jackal Blue, R: Candy Bright Orange,
J: Strip Orange,
K: Laredo Red,
L: Bright Blue Metallic,
M: Silver Metallic
Marble Scarlet,
Pure Orange
Blue,
Pure White,
Yellow
Pure White,
Phlolina Yellow,
Black,
Marble Pure Red
NeupreisDMn/an/an/an/a
2. Motordaten
Motortyp1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt
Ventilsteuerungschlitzgesteuertschlitzgesteuertschlitzgesteuertschlitz-/membrangesteuertschlitz-/membrangesteuert
Nockenwellekeinekeinekeinekeinekeine
Hubraumccm123 ccm123 ccm123 ccm123 ccm123 ccm
Bohrungmm56 mm56 mm56 mm56 mm56 mm
Hubmm50 mm50 mm50 mm50 mm50 mm
Verdichtungsverh„ltnis6,7:16,7:16,7:16,7:17,6:1
Vergaser1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 32) mit 32 mm Durchlass
3. Leistungsdaten
LeistungPS13,014 PS14 PS15 PS26 PS
bei Drehzahlmin-17.000 U/min7.000 U/min7.000 U/min8.000 U/min10.500 U/min
DrehmomentNm13,3 Nm14,7 /Nm14,7 /Nm11,2 Nm17,8 Nm
bei Drehzahlmin-16.500 U/min6.000 U/min6.000 U/min6.700 U/min10.000 U/min
LeistungsgewichtKg/PS7,4 Kg/PS6,9 Kg/PS6,9 Kg/PS6,4 Kg/PS3,3 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h105 km/h105 km/h105 km/h110 km/hn/a
4. Abmessungen
Längemm2.025 mm2.025 mm2.025 mm2.025 mm2.025 mm
Radstandmm1.310 mm1.310 mm1.310 mm1.335 mm1.395 mm
LeergewichtKg96 Kg96 Kg96 Kg96 Kg86 Kg
5. Bremse
Bremse vornSimplex 130 mmSimplex 130 mmSimplex 130 mmSimplex 130 mmSimplex 130 mm
Bremse hintenSimplex 130 mmSimplex 130 mmSimplex 130 mmSimplex 130 mmSimplex 130 mm
6. Antrieb
Getriebe5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung6-Gang Fußschaltung6-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKetteKetteKetteKette
StarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-Kickstarter