Ernst Leverkus,   * 21. Dezember 1922; † 19. Mai 1998

Am 19. Mai 1998 hatte sich „unser“ Klacks ganz ruhig für immer von dieser Welt verabschiedet. Stu Savory schrieb dazu in seinem Nachruf sinngemäß: „Bestimmt klönt er im großen Motorradfahrer-Himmel mit Stanley Woods und James Lansdowne Norton über den Unterschied zwischen einer Velocette KTT und einem Federbett-Rahmen. Oder er diskutiert mit Mike Hailwood über die Unterschiede zwischen der MV Agusta 3 und der mörderisch wackelnden 500er Honda Four von 1967.“ Schöner kann man es nicht ausdrücken.

„Klacks“ beim Oldtimertreffen in Braunsbach im Kochertal

„Klacks“ beim Oldtimertreffen in Braunsbach im Kochertal (Quelle: Jürgen Kießlich)

„Klacks“ – Motorrad-Journalist und Buch-Autor

Den meisten von uns ist „Klacks“ noch in lebhafter Erinnerung. Es sei mir verziehen, wenn ich für die Jüngeren in unseren Reihen etwas weiter aushole und „Klacks“ auch aus alter Dankbarkeit für viele spannende Lesemomente in „Das Motorrad“ einige Zeilen widme.

Ernst Leverkus testete in den 1950er bis 1970er Jahren so ziemlich jedes neue Motorrad, das in Deutschland auf den Markt kam. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Inge Rogge entwickelte er Testmethoden und Messverfahren für Motorräder, die fester Bestandteil unzähliger Runden in der „grünen Hölle“, der Nürburgring-Nordschleife, und der darauf basierenden Testberichte in den Zeitschriften „Das Motorrad“ und „PS“ waren.

Das Elefantentreffen hätte es ohne Ernst Leverkus nie gegeben, und ebenso wenig die „Schwarzpulverrallye“ und den Tankrucksack. Auch der Erfolg des damals einzigen deutschen Motorradmagazins, „Das Motorrad“ im Stuttgarter „Motorbuch-Verlag“, geht wesentlich auf sein Konto, obwohl er nie dessen Chefredakteur war. In seinen späten Berufsjahren war er jedoch Chefredakteur der anfänglich alternativen Motorradzeitung „PS“.

„Klacks“ machte Meinung – stets kritisch, aber immer fair und kompetent. Deswegen wurden seine Motorrad-Testberichte sehr geschätzt. Eine komplette Generation Motorradfahrer darf sich als „Klacks“-geprägt bezeichnen, somit all jene, welche die Zeitschrift „Das Motorrad“ zwischen 1955 und 1985 lasen.

Leverkus prägte den bis heute gültigen Begriff „Gummikuh“ für Boxer-Motorräder von BMW. Auch sein „Das ist doch ein Klacks“ ist längst Legende.

Er war Autor mehrerer Bücher mit Motorrad-Geschichten, die von Motorrädern, vielen Reisen, der Freude am Schrauben und von der Hilfe und Mitmenschlichkeit unter Motorradfahrern handeln. Darüber hinaus gründete er den Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) mit und prägte ihn lange Jahre entscheidend. (Quelle: Wikipedia)

Als Motorrad-Journalist und Buchautor hat Ernst Leverkus seit 1950 in Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes Motorradgeschichte geschrieben. Unvergessen seine Nürburgring-Testberichte, herausgefahren mit Kienzle-Fahrtschreiber auf dem Tank, die nur allzu oft den Unwillen der Hersteller hervorriefen. 150.000 – im Übrigen sturzfreie – Testkilometer sind so im Laufe der Jahrzehnte auf der Nürburgring-Nordschleife zusammen gekommen – auf „englischen Ladies“, italienischen Feuerzeugen und deutschen Brocken á la Münch Mammut.

„Möönsch, die Fahrwerke bogen sich wie Haribo-Lakritzenstangen“ kommentierte er so manches haarsträubende Fahrerlebnis mit den ersten „Reiskochern“. Seine Testkommentare mischten mit schöner Regelmäßigkeit die Chefetagen in U.K., Italien und Japan auf, nicht zu vergessen seine unermüdlichen Versuche, die deutschen Motorradhersteller von ihrer Selbstherrlichkeit zu befreien. Die Überschriften seiner Artikel sind Legenden:

  • Frankensteins Tochter (Kawa Z1),
  • Wolf im Schafspelz (BSA Rocket 3),
  • Motorrad für Männer mit Pfeife (Triumph Bonnie).

Mit der Norton Commando – the Unapproachable – fuhr er seine schnellste Ringrunde. Die legendäre Marathon-Fernfahrt Hamburg-Wien (über 1000 km) und zurück non-stop mit von ihm organisierten Fahrerteams ist ein Stück lebendige Motorradgeschichte.

„Klacks“ blieb sich immer treu, verteilte Lob und Tadel, forderte die Hersteller heraus, sich den Anforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu stellen – leider allzu oft vergebens. Dank seiner akribischen, geradezu wissenschaftlichen Arbeitsweise sind die Ergebnisse und Messwerte seiner Testergebnisse über Jahre und Jahrzehnte hinweg bis auf den heutigen Tag vergleichbar und nachvollziehbar geblieben.

Noch in der DDR besuchte Ernst Leverkus erstmalig im September 1989 das Motorradfahrertreffen in Zittau, wenn man so will in „geheimer Mission“. Er steht neben Jürgen Kießlich als Fahrtleiter mit seiner AJS Spring Twin, diese war eine Rarität in der DDR.

Noch in der DDR besuchte Ernst Leverkus erstmalig im September 1989 das Motorradfahrertreffen in Zittau, wenn man so will in „geheimer Mission“. Er steht neben Jürgen Kießlich als Fahrtleiter mit seiner AJS Spring Twin, diese war eine Rarität in der DDR. (Quelle: Jürgen Kießlich)

Ein Lebenswerk von unschätzbarem Wert

Insbesondere das Buch „Die Motorräder der 50er, 60er und 70er Jahre“ ist alleine wegen der dokumentierten, auf der Nordschleife ermittelten Fahrwerte, eine wahre Fundgrube und könnte so manchem Leistungsfetischisten in der modernen Journaille die Augen öffnen. Klacks beurteilte die Testmaschinen nicht alleine nach Leistung, Beschleunigung und erzielbarer Höchstgeschwindigkeit auf ebener Fahrbahn. Über Jahrzehnte hinweg blieb er seinem einzigartigen ganzheitlichen Ansatz treu und ließ sich durch nichts und niemanden darin beirren. Die Maschinen mussten sich bei Tag und Nacht, bei Sonne, Regen und auch bei Frost, solo und mit Soziuspassagier, bewähren – wenn immer möglich auch mit Seitenwagen – und sich stets einer äußerst kritischen Betrachtung ihrer Wartungs- und Reparaturfreundlichkeit unterziehen.

Mit „Schönwetterheinis“ gab sich Klacks nicht ab. Ganze Kerle fuhren bei Wind und Wetter, bei Schnee und Eis. Klacks und seine Leute prügelten die Testmaschinen im Renntempo um den Ring, um sogleich hinterher den obligatorischen Elastizitätstest zu zelebrieren: Eine komplette Runde auf der Nordschleife nur im großen Gang. Der Vergleich beider Rundenzeiten in Prozent sagte mehr über den Drehmomentverlauf eines Motors aus als jedes Leistungs- und Drehmomentdiagramm. Es ist ein Glücksfall, dass die „Institution Klacks“ seine Erfahrungen aus jeweils einem Jahrzehnt in Büchern zusammen fasste. Der im Jahr 1998 Verstorbene hinterließ der Motorradwelt damit einen wesentlichen Teil seines buchstäblich durch „Erfahrung“ erworbenen Wissens – ein Lebenswerk von unschätzbarem Wert!

Davon sollten sich die heutigen „Tester“ eine Scheibe abschneiden. Sind die Motorräder unserer Tage alle gleich gut, oder buhlen die Blättermacher nur noch um Anzeigengelder? „Feeling“ statt Fakten, Grip statt Grips, bunte Bilder statt technischer Details. Lieber Klacks, könntest du nur ahnen, wie sehr wir dich vermissen!

Motorradgeschichten aus mehreren Jahrzehnten

Die Aufzeichnungen von Ernst Leverkus spiegeln die dramatischsten Phasen in der Geschichte des Motorrads wider:

  • Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg mit Konstruktionen, deren Ursprünge in den dreißiger Jahren und früher wurzelten.
  • Ersatz des Motorrads als Massenverkehrsmittel durch das Automobil, damit verbunden der Niedergang der britischen und der deutschen Motorradindustrie in den 60er Jahren.
  • Beginn eines neuen Motorradzeitalters mit der kompromisslosen Marktpositionierung des motorisierten Zweirads als Freizeitinstrument durch die Japaner.
  • Eroberung der Weltmärkte durch die Japaner mit Konstruktionen für jeden Einsatzbereich, für jede Anforderung, jeden Geschmack und Trend. Die Japaner zielten nicht auf die Ratio, sie trafen mitten ins Herz: „You meet the nicest People on an japanese motorcycle“, so ihre „Argumentation“ (Honda).

Eine wahre Fundgrube sind die Motorradgeschichten mit den enthaltenen Marktdaten, Motorrad-Typentafeln, technischen Angaben und Darstellungen, garniert mit unzähligen zeitgenössischen Schwarzweißfotos. Dem Liebhaber und Sammler bieten diese Werke jedoch weit mehr als Daten und Fakten. Klacks‘ Motorradgeschichten spannen den Bogen vom typischen Oldtimer hin zu den Youngtimern unserer Tage und damit zu Klassikern von morgen.

"Klacks" Honda GB 500 Clubman ist heute in Besitz von Jürgen Kießlich, einem langjährigen Freund von Ernst Leverkus

„Klacks“ Honda GB 500 Clubman ist heute in Besitz von Jürgen Kießlich, einem langjährigen Freund von Ernst Leverkus (Quelle: Jürgen Kießlich)

Ernst Leverkus – Autor unschätzbarer Motorrad-Bücher

Darüber hinaus sind sie insbesondere als Ratgeber für den Youngtimer-Kauf wie geschaffen, da alle Stärken und Schwächen der Motorräder aus jenen Tagen in einer Weise beschrieben sind, wie sie heute unbekannt ist. Klacks legte den Daumen stets auf die Wunde, selbst auf die Gefahr hin, bei manchen Herstellern und Importeuren zur Unperson abgestempelt zu werden. Bei alledem lesen sich seine Bücher wie Romane, bisweilen wie ein spannender Krimi. Klacks‘ unnachahmliche Schreibe, seine bisweilen prophetische Ader und die Unbeirrtheit, mit der er zeitlebens grundlegende Fehler und Schwächen anprangerte, machen die Lektüre zu einem besonderen Leseerlebnis.

Am Ende wird man Ernst Leverkus in vielem beipflichten, man wird auch etwas Resignation verspüren, weil zahlreiche seiner Forderungen – so nach höherer Reichweite, besserem Kettenschutz und mehr Wartungsfreundlichkeit – auch heute vielfach unerfüllt geblieben sind. Einiges wird vielleicht auch ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern. Doch Vorsicht! Die Generation von Ernst Leverkus erlitt das Motorrad noch als einzig finanzierbare Möglichkeit der motorisierten Fortbewegung – und hatte dennoch einen unbändigen Spaß damit. Dass der Funke übersprang und dem Motorrad zu einem neuen Siegszug verhalf – insbesondere über die faszinierenden Produkte aus Fernost – ist nicht zuletzt ihm und den Menschen, die ihn begleiteten, zu verdanken.

Die besten Bücher von Ernst Leverkus – „Klacks“ Motorradgeschichten

Klacks produzierte auch Reportagen von Motorsport-Ereignissen auf Schallplatte. So blieb uns der Klang der damaligen Rennmaschinen wie Musikstücke aus vergangenen Tagen erhalten. Doch Unsterblichkeit erlangten Klacks und Inge Rogge mit ihren Büchern – ein unvergleichliches Lebenswerk und perfekte Geschenke für echte Motorradliebhaber.

  • Die Motorräder der 50er, 60er und 70er Jahre, ISBN: 978-3-613-02630-8
  • TT – die goldenen Jahre der Tourist, ISBN: 3-613-87222-6
  • Italienische Motorräder im Test, ISBN: 3-613-87227-7
  • Deutsche Motorräder im Test, ISBN: 3-613-87211-0
  • BMW-Einzylinder richtig angefasst, ISBN: 3-613-01921-3
  • Die schönsten Motorradgeschichten, ISBN: 3-613-01891-8
  • Die „allerletzten“ Motorradgeschichten, ISBN: 3-613-01891-8
  • Irre Geschichten von schnellen Motorrädern, ISBN: 3-613-01891-8
  • Die abenteuerlichen Reisen der Mimi Leverkus, ISBN: 3-931148-93-9
  • Die schönsten Motorräder des Jahrhunderts, ISBN: 3-613-01744-X
  • Faszination Motorrad, Dt. Zweiradmuseum Neckarsulm
  • Motorräder: Geschichte & Geschichten, ISBN: 3-922942-08-3
  • Erfahrung kommt vom Fahren, ISBN: 3-613-01169-7
  • NSU-Max – richtig angefasst, ISBN: 3-613-01109-3
  • Meine Motorräder – 1927 bis heute, ISBN: 3-613-01106-9
  • Die faszinierenden Motorräder der 70er Jahre, ISBN: 3-613-01040-2
  • Die rasanten Motorräder der 60er Jahre, ISBN: 3-87943-952-4
  • Die tollen Motorräder der 50er Jahre, ISBN: 3-87943-849-8
  • Handbuch für Motorrad-Reisen, ISBN: 3-87943-769-6
  • Motorrad-Tricks für Sicherheit, ISBN: 3-87943-513-8
  • Schnell auf zwei Rädern, ISBN: 3-87943-094-2
  • Honda-Motoren: CB 750, CB 450, CB 350 u. 250; Pflege, Wartung, Reparaturen, ISBN: 3-87943-241-4

 

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