Im Jahr 1981 wurde viel demonstriert. Während es in Polen die Gewerkschaft Solidarność war, die für reichlich Aufregung bei den sozialistischen Machthabern hinter dem Eisernen Vorhang sorgte, war es in der Bundesrepublik der Widerstand gegen die Atomkraft, der die Menschen auf die Straße trieb. Und in den USA war so mancher mit dem neuen Mieter im Weißen Haus nicht wirklich einverstanden.

Nachdem gleich zu Beginn des Jahres der freundlich lächelnde Erdnussfarmer Jimmy Carter den Chefsessel im Oval Office geräumt hatte, zog mit Ronald Reagan ein ehemaliger Hollywood-Cowboy in die Nummer 1600 an der Pennsylvania Avenue in Washington ein, der nun der ganzen Welt zeigen wollte, wer die Nummer 1 unter den Akteuren auf der Weltbühne ist. Das Drehbuch sah dazu nicht nur eine drastische Erhöhung der Rüstungsausgaben vor, sondern auch eine protektionistische Wirtschaftspolitik.

Das Rückgrat der Yamaha Virago bildet ein Monocoque-Rahmen

Das Rückgrat der Yamaha Virago bildet ein Monocoque-Rahmen (Quelle: Rick Hogan)

Von dieser sollte auch die Ikone der amerikanischen Motorradindustrie, Harley Davidson, profitieren. Die veralteten Maschinen aus Milwaukee hatten nämlich kaum noch eine Chance gegen so moderne Motorräder, wie etwa die in eben diesem Jahr 1981 erschienene Yamaha XV 750. Und so wurden kurzerhand einfach hohe Zölle auf die Zweiräder aus Japan erhoben, die es für amerikanische Kunden äußerst unattraktiv machten, sich für ein anderes als ein US-Bike zu entscheiden.

Yamaha 750 Virago – perfekter Cruiser mit starkem Drehmoment

In Deutschland dagegen wurde der auch unter dem Namen Yamaha 750 Virago bekannte Chopper schnell zum Verkaufsschlager. Die coole Linie mit Tropfentank und einem Heck im typischen Harley-Stil, zu dem sich die Japaner von ihren amerikanischen Kollegen hatten inspirieren lassen, kam nicht nur bei Männern gut an. Auch Fahrerinnen fanden durchaus Gefallen an der choppertypischen Linie. Besonders die niedrige Sitzposition kam den Bedürfnissen der meisten Bikerinnen sehr entgegen. Die gelungene Optik der Yamaha Virago in Verbindung mit ebenso sparsamen wie drehmomentstarken und unverwüstlichen V-Zweizylinder-Motoren waren die Zutaten für eine Erfolgsgeschichte, die Anfang der 80er Jahre begann und bis weit in die 90er andauern sollte.

Die Instrumente der Yamaha XV 750 sind gut ablesbar

Die Instrumente der Yamaha XV 750 sind gut ablesbar (Quelle: Rick Hogan)

Versicherungsgünstiger 50 PS Motor

Mit ihren versicherungstechnisch günstigen 50 PS, die bei 6.500 U/min anliegen, erreicht die Yamaha XV 750 mit ihrem Viertakt-Aggregat eine Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h. Die aus der Arbeit der beiden in einem Winkel von 75 Grad in V-Form angeordneten und mit je zwei Ventilen und einer Nockenwelle versehenen Zylindern gewonnene Kraft wird über eine Kardanwelle an das Hinterrad weitergeleitet.

Bei der Bewältigung der Beschleunigung leistet das sauber abgestimmte Fünfganggetriebe hervorragende Dienste. Aufgrund des enormen Drehmoments bei niedrigen Drehzahlen muss dieses allerdings nicht allzu häufig bemüht werden. Eine schaltfaule Fahrweise ist bei der Yamaha 750 Virago so jederzeit möglich und passt perfekt zum Cruisercharakter des Choppers, der bei Bedarf jedoch auch durchaus sportlich bewegt werden kann. Dann allerdings fließen auf 100 Kilometer etwa 6,5 Liter Treibstoff durch die Benzinleitung, was bei dem bescheiden dimensionierten 12 Liter fassenden Tank schon nach zirka 180 Kilometern einen erneuten Boxenstopp an der Zapfsäule erfordert.

Zwei Hitachi-Gleichdruckvergaser mit jeweils 40 mm Durchlass übernehmen die Frischgaszuführung zu den leicht zueinander versetzten Zylindern des V-Motors. Und Yamaha hat sich bei der Virago und dem größeren Schwestermodell TR1 einen Clou einfallen lassen: Das Monocoque-Rückgrat dient gleichzeitig der Zufuhr von Frischluft als auch der erneuten Zuführung nicht verbrannter Gase zu den Vergasern.

Die Yamaha XV 750 kam 1981 und teilt sich die Technik mit der größeren TR1

Die Yamaha XV 750 kam 1981 und teilt sich die Technik mit der größeren TR1 (Foto: Nippon-Classic.de)

Cruiser-freundliche Handlichkeit

Eher zu einer kommoden und entspannten Fahrweise trägt auch das Bedienkonzept der XV 750 bei. Alle Hebel, Pedale und Armaturen sitzen genau da, wo Hände, Füße und der Verstand sie erwarten. Die cruiserfreundliche Handlichkeit der vollgetankt nur 226 Kilogramm wiegenden Maschine wird durch das ausgewogene Fahrwerk mit einer Cantilever Hinterradfederung noch unterstützt.

Ein zentrales, tragendes Element des Fahrwerks bildet der V-Motor, der, ebenso wie das Rohrrahmen-Heck, an einem Monoque-Rückgrat aus Blechpressteilen befestigt ist. Vorn sorgt eine mit Luftunterstützung arbeitende hydraulisch gedämpfte Teleskopgabel für eine angenehme Straßenlage. Hinten übernimmt das ebenfalls luftunterstützte zentrale Federbein diese Aufgabe. Für die notwendige Verzögerung sorgen vorn eine gut zu dosierende, hydraulisch betätigte Schwenksattel-Scheibenbremse (die größere Yamaha TR1 hat eine Doppelscheibenbremsanlage) und am 16 Zoll-Hinterrad kräftig zupackende Trommelbremsen.

Der 75 Grad-V-Motor dient bei der XV 750 als mittragendes Element

Der 75 Grad-V-Motor dient bei der XV 750 als mittragendes Element (Quelle: Rick Hogan)

Yamaha Virago überzeugt mit Design und Technik

Erfolgreiche Produkte zeichnen sich von jeher durch die perfekte Verbindung von Form und Funktion aus. Diese Kombination war den Japanern mit ihrem Angebot augenscheinlich gut gelungen. Schon vor seiner Markteinführung in Deutschland war das Modell von den Lesern einer bekannten Motorradzeitschrift zum Chopper des Jahres gewählt worden.

Wer die fast 8.000 Mark auf dem Konto oder in Sparstumpf hatte, konnte sich ab März 1981 auf den Weg zum Zweiradhändler seines Vertrauens machen und seine Virago entweder in coolem Schwarz oder aber in einem aufregenden Rot bestellen. Und wenn dann noch etwas Geld übrig war, hatte er die Möglichkeit, seiner Maschine mit allerlei Chrom, Zierrat und Accessoires einen individuellen Touch zu verleihen. Ein Vergnügen, das Ronald Reagan mit seiner protektionistischen Politik seinen Landsleuten gründlich vermasselt hat.

Aufgrund ihrer schmalen Bauweise und des durchzugstarken Motors erfreut sich die Yamaha XV 750 Virage bei Tunern großer Beliebtheit. So schuf beispielsweise Christian Moretti von Plan B Motorcycles einen der schönsten Umbauten auf Basis des Yamaha-Choppers.

Yamaha Virago

Yamaha XV 750 The Orange Projekt von Plan B Motorcycles aus Italien (Quelle: Plan B Motorcycles)

Technische Daten Yamaha XV 750 Virago

EinheitYamaha XV 750
1. Fakten
ProduktionJahr1981 - 1998
Nummerierung (Rahmen)Start
Farbenschwarz
NeupreisDM7.915 DM
2. Motordaten
Motortyp2-Zylinder-V, 4-Takt
VentilsteuerungOHC, Kette, je 2 Ventile
Nockenwelle2 obenliegend
Hubraumccm748 ccm
Bohrungmm83 mm
Hubmm69,2 mm
Verdichtungsverhältnis8,7:1
Vergaser2 Hitachi-Vergaser je 40 mm
3. Leistungsdaten
LeistungPS50 PS
bei Drehzahlmin-16.500 U/min
DrehmomentNm58,3 Nm
bei Drehzahlmin-16.500 U/min
LeistungsgewichtKg/PS3,1 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h72 km/h
4. Abmessungen
Längemm2.280 mm
Radstandmm1.520 mm
Reifen vorn3.50 H -19
Reifen hinten130/90 -16
LeergewichtKg212 Kg
5. Bremse
Bremse vorn1 Scheibe 298 mm
Bremse hintenTrommel 200 mm
6. Antrieb
Getriebe5-Gang Fußschaltung
AntriebKardan
StarterE-Starter